Hohes Risiko für Hirnverletzungen
Einige Sportarten bergen ein sehr hohes Risiko für Schädel-Hirn-Verletzungen. Kontakt-Sportarten wie Fussball, American Football und Boxen stehen dabei an trauriger Spitze.
Unmittelbare Verletzungen
Neurologische Untersuchungen haben gezeigt, dass Fussballspieler die häufig Kopfbälle ausführen, zum einen während ihrer Karriere ein erhöhtes Risiko für Schädel-Hirn-Verletzungen haben.
(Ge)Hirnerschütterungen jeder Schwere gehören dabei zu den häufigsten Verletzungen. Auch Hirnblutungen sind häufige Folgen von Kopfballverletzungen. Im besten Fall sind diese unmittelbar sichtbar durch äußerliche Merkmale wie Nasen- oder Ohrenbluten, Gleichgewichtsstörungen, Übelkeit, Erbrechen oder Ohnmachten. Im besten Fall deshalb, weil dann sichtbar ist, dass möglicherweise eine innere Verletzung vorliegt und entsprechende Untersuchungen und Notfallmaßnahmen durchgeführt werden müssen.

Gefahr der Unsichtbarkeit
Eine der größten Gefahren nach einer Schädel-Hirn-Verletzungen ist die Unsichtbarkeit. Wird ein Spieler nach einem Kopfball oder ein Boxer nach einem Schlag auf den Kopf ohnmächtig und spielt und boxt kurze Zeit darauf weiter, nehmen Verantwortliche wie Trainer und (Mannschafts)Arzt nur zu gern an, es liegen keine Verletzungen vor und es müsse nichts getan werden.
Dies ist nicht nur ein großer Fehler, für den Spieler kann dieses Denken und (Nicht)Agieren tödliche Folgen haben. Denn werden erlittene Hirnblutungen nicht versorgt, kann dies zum Tode des Spielers oder Boxers führen. Hier sollte besser einmal zu viel als einmal zu wenig kontrolliert und untersucht werden.

Langfristige Spätfolgen
Mittlerweile haben Untersuchungen ehemaliger Profi-Fußballer und Profi-Boxer gezeigt, dass die Spätfolgen häufiger Kopf(ball)Verletzungen Gehirnerkrankungen wie Alzheimer, Demenz und Parkinson und Epilepsie sind. Das Risiko, an diesen Krankheiten zu erkranken ist um ein Vielfaches höher als bei Sportlern ohne Kopfball- oder Kopf-Verletzungen.
Sorgloser Umgang
Der Umgang mit dieser Thematik ist ausgerechnet in den Vereinen selbst zu nachlässig und oberflächlich. Eine Profi-Sportler kostet viel Geld. Nur durch Einsätze in Spielen oder Kämpfen kann dieses Geld wieder eingenommen und Gewinn erzielt werden.
Untersuchungen und Behandlungen hingegen, vor allem des Kopfes und des Gehirns sind teuer und treiben die Kosten für einen Spieler zusätzlich in die Höhe. Hier wird leider zu oft an falscher Stelle gespart.
Schutz der Sportler
Im Boxsport boxen ausgerechnet Profiboxer ohne Kopfschutz. Die Begründung, sie trainieren Kopftreffern vorzubeugen, klingt nach meinem persönlichen Empfinden makaber. Auch wenn trainiert wird, Kopfschlägen auszuweichen, so sind doch während der Kämpfe Kopftreffer eine der „beliebtesten“ Ziele um den Gegner, die Gegnerin k.o. zu schlagen und einen Kampf zu gewinnen. Kopfschutz wie bei den Nicht-Profis sollte Standard für Profi-Boxer sein. Schwerste Kopfverletzungen könnten so vielleicht vermieden werden.


Allmähliches Umdenken und Konsequenzen
Für Kinder und Jugendliche hat der DFB altersgerechtes Training und Spielen beschlossen. Was immer dies bedeuten mag in der Realität.
In England ist Kindern und Jugendlichen das Trainieren per Kopfball untersagt. Wie sich solch eine Festlegung im Spiel umsetzen lässt, bleibt fragwürdig.
Einige englische (Frauen)Fussballclubs haben das Kopfballspiel per Vertrag verboten. Möglicherweise der richtige Ansatz um Kopfballverletzungen auszuschliessen.
Gesundheit ist die Basis von allem
Jedem Sportler, jeder Sportlerin sollte das eigene Leben, die eigene Gesundheit so wichtig sein, gesundheitsschädliches Tun zu vermeiden. Wie wichtig Gesundheit ist und das Gesundheit die Basis für ein erfolgreiches Leben mit Teilhabe ist, weiss ich persönlich nur all zu gut. Nichts ersetzt ein Leben in Gesundheit. Hirnverletzungen haben tiefgreifende Auswirkungen auf das eigene Leben und das von Angehörigen und Freunden.
Standards und Handlungsleitfaden
Um auch scheinbar geringe oder nicht vorhandene Hirnverletzungen optimal zu versorgen und Sportler vor Spätfolgen zu schützen, sollten Standardabläufe nach Kopfballverletzungen die Regel sein. (Einfache) neurologische Untersuchungen die vom zuständigen Arzt zeitnah durchgeführt werden, MRT, CT und weitere klinische Untersuchungen. Hier sind vor allem der DFB und der DBV als Dachorganisationen gefragt. Entsprechende Schutzmassnahmen müssen von oben vorgegeben werden. So wird verhindert, dass jeder Verein und jeder Club in solch einem wichtigen Thema tut und lässt, wonach ihm ist.
Besonderer Schutz für Kinder
Kinder und Jugendliche müssen besonders vor Verletzungen geschützt werden. Dies zählt für Schädel-Hirn-Verletzungen (SHV) um so mehr.
Während des Wachstums können die Folgen einer SHV besonders gravierend sein.


Schock und Traumatisierung. Persönliche Erfahrungen

Schädel-Hirnverletzungen können auch zu seelischen Traumata führen.
Nach meinem Unfall, welcher u.a. subdurale und epidurale Hirnblutungen zur Folge hatte, war es mehr als ein Jahrzehnt kaum möglich auseinander zu halten, welches Symptom psychisch und welches Symptom von den Hirnblutungen war.
Vergesslichkeit, Konzentrationsprobleme, Gleichgewichts-, Sprach- und Sehstörungen, Wortfindungsstörungen – all diese Beschwerden können Folgen einer Hirnverletzung sein, aber auch von einer psychischen Traumatisierung.
Erst nach etwa fünfzehn Jahren konnte ich auseinanderhalten und klar definieren, welches Symptom wohin gehört. Heute (März 2023), etwas mehr als siebzehn Jahre nach den erlittenen Hirnverletzungen und dem schweren Trauma, sind vorhandene Einschränkungen zu 75 Prozent physisch, also körperlich bedingt.
Die restlichen 25 Prozent sind noch Traumabedingte Ausfälle, welche durch seltene Flashbacks oder dem Antriggern erlebter Situationen folgen. Für mich persönlich ein enormer Heilungsfortschritt. Nicht in fast jeder Situation angetriggert oder re-traumatisiert zu werden ist ein unglaublicher Zuwachs an Lebensqualität. Selbst wenn dieses Leben schmerz- und erschöpfungsbedingt zu 80 Prozent im Bett stattfindet.
Medienbeiträge
https://www.zdf.de/nachrichten/sport/fussball-kopfball-verletzung-gehirn-neurochirurg-100.html