PERSÖNLICHER TRAUMA-BLOG

Für ein Stück Heilung – seelisch und physisch

In den vergangenen Jahren hat sich das Thema Trauma/Traumatisierungen zu einer globalen Epidemie entwickelt. Dem gerecht zu werden und vielleicht ein paar wenigen Menschen in seelischer Not Orientierung und Hilfe zu geben, dafür der Blog für Traumahilfe.

Konstruktive Anregungen, Tipps oder persönliche Erfahrungen zu diesen Themen greife ich sehr gerne auf.

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Baron B aus Bochum

Auszug aus pers. Buchmanuskript*

Die meisten Erfahrungen, die ich nach dem Unfall gemacht habe, sind alles andere als komisch. Einige davon sind derart abstrus, dass sie nur erträglich sind, indem ich sie der Lächerlichkeit preisgebe. So wie das folgende faszinierende Erlebnis.

Wenn Eine eine Reise tut

Ab Sommer 2010 fuhr ich über einen Zeitraum von fast drei Jahren zur Behandlung ins Grönemeyer-Institut[1] nach Bochum[2]. Um diese Termine bewältigen zu können, musste ich pro Termin mindestens für eine Nacht in der Stadt der Romantik übernachten.

Insgesamt dauerte solch eine Behandlungsreise mindestens drei Tage. Einen Tag Hinfahrt, einen Tag Behandlung, einen Tag Rückfahrt. Meist brauchte ich vier oder fünf Tage, da Erschöpfung und Schmerzen nach den Behandlungen mehr Zeit in Anspruch genommen haben.

[1] Klinik mit fachübergreifenden Bereichen

[2] Die schönste Stadt zum Vorbeifahren


Ein Tag Behandlung – acht Tage Reisedauer

Die Behandlungsreise mit der längsten Dauer nahm acht Tage in Anspruch. Die Übernachtungskosten waren dann höher als die Behandlungskosten. So konnte solch eine Reise schnell in den vierstelligen Bereich gehen. Doch ich wäre zum Mond geflogen und hätte meinen letzten Cent ausgegeben, wenn ich nur Hilfe bekommen hätte.

Schmerzhafte Schmerzbehandlung

Bei einer Schmerzbehandlung im Gronemeyer Institut wurde unter dem CT[3] an den Nervenwurzeln der LWS eine Injektion mit Schmerzmittel und Cortison[4] eingebracht. Dabei war der Arzt aufgrund von Übermüdung – die Behandlung war für 16:00 Uhr terminiert, tatsächlich fand sie wegen Notfällen kurz vor 20:00 Uhr statt –  mit der Nadelspitze abgerutscht. Aua. Obwohl ein Teil von Rücken und beide Beine taub und nur mit größtem Willen um Zentimeter nutzbar waren, hatte ich zu den bereits vorhandenen Schmerzen zusätzlich kaum auszuhaltende Schmerzen. (Mehr dazu in einem anderen Buchkapitel).

[3] Computer-Tomografie

[4]Periradikuläre Schmerztherapie – PRT


Das hat weh getan. Eine von insgesamt drei PRT-Behandlungen ist daneben gegangen

Einhundert Meter – eine Reise zum Mond

Zu Beginn dieser Behandlungsreisen nächtigte ich der Einfachheit halber in einem Hotel in Bahnhofsnähe. Die Zimmer waren gediegen rustikal. Interieur sowie das Teppichboden ähnliche Gebilde hatten einige Dekaden hinter sich und waren damals bereits so alt wie ich heute (Ü50 mit Tendenz zu U60)

Zu Fuß waren es vom Bahnhof ungefähr einhundert Meter zum Hotel. Mit dem Auto aufgrund von Einbahnstraßen und Umleitungen waren es circa dreihundert Meter.
Die wenigen Meter Fußweg waren damals für mich wie die Reise zum Mond – unmöglich, so dass ich auf die Fahrt mit einem Taxi angewiesen war. Wäre der Weg zum Hotel abschüssig gewesen, ich wäre auf meinem Koffer mit Rollen zum Hotel gerollt. Dies war nicht möglich und so haben sich die Taxi-Fahrten zu einer Art Extrabonus entwickelt.

Feinste deutsche Hochkultur


Dabei waren die Taxifahrer ein Höhepunkt feinster deutscher Hochkultur. Rustikale Traditionen wurden liebevoll gepflegt. Gesprochen wurde hauptsächlich ein kaum zu verstehendes Kauderwelsch aus Schimpfwörtern.

Eines dieser zweibeinigen hochkulturellen Ereignisse sollte/ musste ich gleich bei einer der ersten Fahrten nach Bochum kennenlernen.

Baron B ähnliche Abbildung

Oha

Ein Bahnmitarbeiter vom Mobilitätsservice[5] hatte mich mit einem Transportmittel vom Zug abgeholt und zum Taxistand gebracht. An diesem stand an jenem Sommernachmittag die gesamte Haut Couture der Bochumer Taxifahrer. Mein erster Gedanke beim Anblick der in Samt und Seide gewickelten Feingeister (wobei die Betonung auf Geist liegt), war: Oha. In eleganten Zweireihern standen sie rauchend beieinander und warteten mit einladenden Blicken auf Fahrgäste. Auf den Dächern ihrer Fahrzeuge lagen Werke von Homer, Shakespeare und Büchner.

Von diesem adretten Anblick animiert, begab sich der Bahnmitarbeiter zum Anfang der Taxifahrzeuge, während ich aufgrund bereits gemachter Erfahrungen mit dieser speziellen Spezies skeptisch in Sichtnähe wartete.

[5] Eine Abteilung der deutschen Bahn für Menschen mit Behinderungen


Papstwahl

Kaum hatte der Bahnmitarbeiter den Fahrern mitgeteilt, welcher Fahrauftrag ihr nächster sei und dabei in meine Richtung gezeigt, wurde deutlich, dass die Herren im richtigen Leben im gehobenen Management führender Dachs-Unternehmen arbeiteten und das Taxifahren lediglich ein Ausgleich zu ihren stressigen Jobs war. Aussagen und Begriffe flogen über den Bahnhofsvorplatz, deren Bedeutung mir glücklicherweise verborgen blieb. Lediglich dem wilden Gestikulieren und an der Lautstärke der Diskussion konnte ich jedoch erkennen, dass nicht über die Saat von Sonnenblumen oder die Wahl des nächsten Papstes diskutiert wurde.

Ein fahrbares Chalet

Nach etwa fünf Minuten verbalem Gefecht war auch mir endlich klar, dass keiner der Fahrer gewillt war, meinen Rollkoffer und mich die dreihundert Meter zum Hotel zu fahren. Erst nachdem der Bahnmitarbeiter mit einer Anzeige gedroht hatte und mehrere Passanten die Taxifahrer umlagerten, öffnete einer der Fahrer seinen Verschlag sein fahrbares Chalet. Nach etwas genauerem Hinschauen eine Müllkippe auf vier Rädern – eine tolle Idee der Stadt Bochum.

Baron B

Die Fahrt zum Hotel war ein weiteres kulturelles Hochereignis. Auf dieser kurzen Fahrt hat der Chauffeur – nachfolgend Baron B genannt – ganz der galante Gästebetreuer, mich umgehend und liebevoll mit dem heimischen Sprach- und Verhaltensgebräuchen seiner Stadt vertraut gemacht. Er brachte mir regionale Begriffe wie Abschaum, Dreck und Abfall näher – passend zu seiner fahrenden Drecksschleuder.

Frei- und Leerräume


Um diese Begrifflichkeiten möglichst authentisch zu vermitteln, hatte Baron B. den Großteil seiner Kauleiste[6] herausgenommen. In den dadurch freigewordenen Räumen steckte ein Sargnagel (Zigarette der Marke Dreckstück für einsfuffzig), der genauso elegant ausschaute wie Baron B. him self.

Den Fahrpreis von 5,40 Euro am Ende der Fahrt verstand ich auf Grund der oralen Leerräume nur sehr lückenhaft. Den gewünschten Betrag lies ich unter größter Anstrengung – um mit möglichst Nichts in diesem Vehikel, vor allem nicht mit Baron B. in direkten Hautkontakt – zu kommen, auf den Rücksitz fallen.

[6] Zähne, Gebiss

Hochmodern und pikfein: Das Taxi von Baron B

Rems und Räude und feinstes Fledermausleder

Der eigenen Gesundheit war es zuträglicher, in diesem Wagen des Jahres mit dem Fahrer des Jahrhunderts nichts dem direkten Hautkontakt auszusetzen. Meine bereits vorhandenen Einschränkungen wollte ich nicht noch um die Rems oder die Räude ergänzen.

Beim Aussteigen aus der Bakterienschleuder wartete Baron B. – ganz der feingeistige Denker dessen Hände für Klavier und Kaviar gemacht sind – höflich mit einem Hauch von Transpiration auf seinem mit feinstem Fledermausleder bezogenen Sitz, bis mein Rollkoffer und ich den Weg aus seinem Gespann gefunden hatten. Gelegentlich paffte er eine Rauchwolke mit dem Duft der großen weiten Welt vor sich hin.

Schloss Rammstein und Freifrau Fredericke

Mit einem zuvorkommenden regionalen Satzbau in dem mindestens einmal das Wort Schaum vorkam, verabschiedete sich Baron B. und quietschte mit fahrenden Reifen um die Ecke. Sicher war Baron B in Gedanken bereits auf seinem Schloss und in Vorfreude auf das abendliche Diner, welches stets mit einem Entree von Schlampanja (Schaumwein) und gestörten Fischeiern begonnen wurde.

Wahrscheinlich wartete zu Hause auf Schloss Rammstein seine Gemahlin, Freifrau Fredericke von und zu auf und davon bereits mit dem Entree zum Abendtisch.

Die brokatverzierten Hausschuhe des Baron B. wurden in einer eigens dafür entworfenen Wärmebox auf kontinuierlich 42,71 Grad Celsius vorgewärmt. Dies war die Lieblingstemperatur der fidelen Füße von Baron B. Ein Zehntel Grad weniger oder mehr führten zu einem Räudeähnlichem Ausschlag sowie einem Tobsuchtsanfall der Marke extraordinär.

Schloss Rammstein: Das Schloss von Baron B und Freifrau Fredericke

Die Geburt Jesus


So manch güldener Teller ist bei einem dieser Anfälle bereits zu Bruch gegangen. Sogar die Lieblingsbrosche seiner Frau Gemahlin, ein Erbstück in achtundsiebzigster Generation (kurz nach der Geburt Jesus) ist einem dieser Anfälle zum Opfer gefallen.

Der jüngste Sohn, Stammhalter Prinz Julius Adebar spielte auf dem Flügel Einsteins sechsundvierzigste, eigens komponiert für den Herrn Papppa. Und Tochter Alexandra, Prinzessin der Pigmente, kam soeben auf ihrer Stute King of the World von ihrem nachmittäglichen Ausritt auf das heimische Gehöft getrabt.

Künstliche Kauleiste und Erhabene Wohltätigkeit

Und wahrscheinlich lag auf einem brokatverzierten Unterteller der Marke Rutschenheuter das güldene Gebiss von Baron B, welches er nur zu besonderen Anlässen in seinen oralen Freiraum klemmte. Ungeduldig wartete seine künstliche Kauleiste darauf, endlich wieder in Wachteleier zu beißen und das wollige Prickeln eines Pom Derignon zu schmecken.

Das Fahren des Taxis gehörte nicht zu den besonderen Anlässen. Bei diesen handelte es sich um wohltätige Erhabenheit, mit welcher die reich gesegnete Familie ein klein wenig von ihrem Glück abgeben möchte.

Hochadliges Teilen: Zwischen 10:00 und 19:00 die Kauleiste des schlosseigenen (Dalai)Lamas. Ab 19:00 bis 10:00 morgens die Kauleiste von Baron B


Danke und Wunsch

An dieser Stelle herzlichen Dank an den sehr freundlichen und sehr geduldigen Bahnmitarbeiter, der sich von wüsten Beschimpfungen nicht hat abhalten lassen und einen der Taxifahrer dazu gebracht hat, die kurze Kurzstrecke mit dem Lebendmüll (Originalton Baron B I Bochumer Taxifahrer) zu fahren. Diesem bleibt zu wünschen, er möge selbst nie in solche eine Situation kommen und dann auf Personen wie ihm selbst treffen.

*geplante Veröffentlichung Frühjahr 2024


Bilder: Pixabay.com
Bildbearbeitung: wgl – wiedergehenlernen I katrin dohnt

PERSÖNLICHES

Und wieder ein kleiner Schritt in Richtung Leben

Eine Begeisterung aus früheren Zeiten (vor dem Unfall Jan 2006) hat mich zurückerobert. Vielleicht habe auch ich sie mir zurückerobert. Egal, das Ergebnis zählt. Und das macht wieder Freude: Das kreative Arbeiten mit Bildern.

Nachdem vor etwa einem Jahr (Sommer 2021) die Freude am kreativen Gestalten mit den neuen Techniken sowie mein Interesse an Kreativ-Programmen wieder Einzug in mein Leben gehalten haben, hat mich nun das Bild-Bearbeitungs-Fieber ereilt. Dank vieler toller Bildbearbeitungsprogramme scheinen der eigenen Kreativität kaum Grenzen gesetzt.

ANERKENNUNG UND WERTSCHÄTZUNG

Ich habe mich getraut…
…einen Account bei einer Bild-Plattform einzurichten. Mit erstaunlichen Erlebnissen. Noch während ich meine ersten Bilder hochgeladen habe, haben andere Flickr-User einige meine Arbeiten als Favoriten abgelegt. Eine tolle Erfahrung.

Auch das macht Menschsein aus
Für jeden Menschen sind Rückmeldungen auf das eigene Tun und Lassen wichtig. Niemand von uns lebt in seiner eigenem Universum, auch wenn es sich vielleicht mitunter so anfühlen mag. Menschen sind Gesellschaftswesen und als solche auf ein (gutes) Miteinander angewiesen.

DER MENSCH IST EIN GESCHELLSCHAFTSWESEN

Ohne Austausch geht der Mensch ein
Ich weiss wovon ich spreche. Leider. Mehr als zehn Jahre habe ich in einem abgeschirmten Universum existiert. Einzige Sozialkontakte waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Pflegediensten und anderen Hilfseinrichtungen. Das Einsamkeit krank macht und Menschen sogar in den Selbstmord treiben kann, ist wissenschaftlich hinlänglich nachgewiesen. Nach meiner Wahrnehmung haben sich viele Menschen in Folge von Corona aus dem Offline-Leben zurückgezogen und fokussieren sich deutlich mehr auf sich selbst.

Das Gute der (ass)sozialen Medien
Das Gute von sozialen Medien ist die Möglichkeit, (schnell und ohne große Hürden) mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Sich über gleiche Themen und Interessen auszutauschen – von Andalusien bis in die Antarktis. Für Menschen mit Handy- und Fussicap hat diese Art der Kommunikation einen besonders hohen Stellenwert. Ist es mir nicht möglich, die Welt mit meiner Anwesenheit zu beglücken, beglücke ich die Welt online.
Es liegt allein an uns, was wir aus unserem Miteinander machen. Ob wir verbal um uns schlagen wie die Neandertaler oder ob wir uns daran erinnern, wie wir Offline miteinander umgehen. Von Angesicht zu Angesicht existieren bei manch einer und einem noch Benimmhürden, die im Netz schamlos fallengelassen werden.

WIE ICH SELBST ANGENOMMEN WERDEN MÖCHTE

Es liegt an uns
Jede einzelne und jeder einzelne hat die Möglichkeit, mit jedem Beitrag im Netz die (Online)Welt ein kleines bisschen freundlicher zu machen. Im Übrigen ist es ein Irrglauben, Online-Hetzerinnen und -Hetzer könnten nicht nachverfolgt werden. Über die sogenannte IP-Adresse lässt sich jedes Stück Technik wie Desktop-PC, Tablet, Drucker etc. feststellen. Die IP-Adresse ist vergleichbar mit dem menschlichen Fingerabdruck.
Dass viele Hetz- und Hasskommentar ohne Folgen bleiben, liegt an dem Personalmangel bei Polizei und anderen Behörden.

Mit meinen Bildern möchte ich die Welt zumindest ein klein wenig bunter machen. Viel Freude beim Stöbern und Betrachten.

So wich selbst angenommen werden möchte, so gehe ich auch mit meinen Mitmenschen um. Nicht immer kommt dabei ein Gleichgewicht heraus. Es gibt Stinker, die sich selbst nicht mögen. Wie sollen sie da andere mögen können. In diesen Begegnungen heisst es sachlich zu bleiben und wenn möglich, den Kontakt zu kappen. Ich muss mir nicht jeden Irrsinn antun.

Weil ein Bild mehr sagt als tausend Worte

Einige meiner Bilderwerke

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Heureka: Unser Körper hat eine Psyche

Und diese kann schwer verletzt werden

Auch wenn es im Jahr 2022 noch immer nicht bei allen Ärztinnen* und Therapeutinnen* ist: JEDER menschliche Körper hat eine Psyche. Selbst jene Körper, deren Besitzerinnen* dies verneinen oder leugnen. Was aber genau ist die Psyche?

Psyche (altgriechisch ψυχή ‚Seele‘) bezeichnet die Gesamtheit aller geistigen Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale eines Individuums oder speziell eines Menschen. Sie beinhaltet Fühlen, Denken und sämtliche individuelle geistige Fähigkeiten, also somit auch unter anderem Denkvermögen, Lernfähigkeit, Emotionen, Wahrnehmung, Empfindung, Empathie, Wissen, Intuition oder Motivation. Darüber hinaus sind auch Träume mit der Psyche in Verbindung zu bringen.

In der (fortschrittlichen) Medizin ist heute die Annahme Status quo, dass Körper (Physis) und Geist (Psyche) sich gegenseitig beeinflussen können (Psychosomatik).

Wenn die Psyche unser Wesen definiert, ist der „Hauptsitz“ der Psyche im Gehirn?

DIE FOLGENDEN BESCHREIBUNGEN KÖNNEN FÜR TRAUMATISIERTE MENSCHEN BELASTEND ODER TRIGGERND SEIN. BITTE SCHÄTZEN SIE VOR DEM WEITERLESEN IHRE PSYCHISCHE STABILITÄT EIN!

Persönliche Erfahrungen mit der eigenen Psyche

Wie stark und phantasievoll unsere Psyche sein kann, habe ich in den 16 Jahren seit dem Unfall immer wieder erlebt. In völlig verschiedenen Auswirkungen hat sie sich bemerkbar gemacht.

Unmittelbar nach dem Unfall hat sie mich wenn auch unter Schock stehend weitergehen lassen. Trotzt stärkster Schmerzen und dem immer wieder Wegsacken meiner Beine konnte ich mich noch vorwärts bewegen.

Vorsicht! Versteckte Kamera

Wie einen auf Band gespeicherten Film hat sie mich den Unfall aus allen nur denkbaren Perspektiven immer wieder sehen lassen. Die Wand kam von vorn, von oben, von rechts, von links und manchmal auch von hinten – so wie tatsächlich geschehen. Und immer war die Wand in einem unheimlichen Dunkel. Manchmal kam sie in Zeitlupe, in einzelne Bildfrequenzen zerlegt. Manchmal kam sie in einem irrsinnigem Tempo angerast. In der Realität war die Wand in einem grünen Muster gehalten. So habe ich sie nicht ein einziges Mal in einem meiner späteren Kopfkinos gesehen.

Zwischenwelten

Fast drei Jahre lang hat meine Psyche mir vorgespielt, ich sei tot und all das was ich wahrnehme seien Restbestände aus meinem irdischen Dasein. Eine zeitlang habe ich empfunden, als würde ich mich in einer Art Zwischenwelt befinden. Mit einem Bein stand ich noch in meiner früheren realen Welt, mit einem Bein stand ich bereits in einer anderen, unbekannten Welt. Damals völlig beängstigende Wahrnehmungen. Aus heutiger Sicht haben sie sich angenehm, beruhigend und tröstend angefühlt.

Ähnlich diesem Astronauten habe ich mich monatelang irgendwo zwischen den Welten befunden. Ein Schutzmechanismus der Psyche? Vor mir lag eine unbekannte Welt. Hinter mir die Welt in der ich mich vor dem Unfall befand.
Der Unfallmoment: Mit der Gewissheit im nächsten Moment zu sterben, ist jegliches Leben aus meinem Körper entwichen. Zurück geblieben war eine leere, kraft- und leblose Hülle.

Und immer wieder Flashbacks

Definition Flashback: Wiederholung eines traumatischen Geschehens, das für die betroffene Person nicht wie ein Erinnerungsbild, sondern als Wiederholung des traumatischen Geschehens, als Realerlebnis, erfahren wird. Quelle: Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.

Ein Flashback ist also ein psychisches Phänomen, das durch einen Schlüsselreiz hervorgerufen wird, wobei der betroffene Mensch ein plötzliches, für gewöhnlich kraftvolles Wiedererleben eines vergangenen Erlebnisses oder früherer Gefühlszustände hat. Diese Erinnerungen können von jeder vorstellbaren Gefühlsart sein. Der Begriff wird vor allem dann benutzt, wenn die Erinnerung unwillkürlich auftaucht und/oder wenn sie so stark ist, dass die Person die Erfahrung wieder durchlebt, aber dabei unfähig ist, sie völlig als Erinnerung zu erkennen. Flashbacks treten häufig als Reaktion nach einem Trauma aus, wobei es manchmal zu einem Wechsel zwischen Intrusion und emotionaler Dumpfheit kommt, die in einer Art Schaukelbewegung zur Verarbeitung der traumatischen Erfahrung beitragen kann.

Intrusionen oder Flashbacks sind dabei belastende und sich aufdrängende Erinnerungen und Eindrücke, meist in Form von sensorischen Wahrnehmungen (Bildern, Gerüchen, Tönen, Geschmack …). Die/der Betroffene erlebt es so, als wäre es im Hier und Jetzt und kann nichts dagegen tun, d.h., sie/er erlebt das Trauma sozusagen von Neuem.

Das Besondere an dieser Form der Erinnerung ist, dass sich die Menschen in dem Moment nicht wirklich bewusst sind, dass sie sich erinnern, denn sie haben kein Bewusstsein davon, dass alles nicht in dem aktuellen Moment stattfindet, sondern werden von einer Art sensorischer Überflutung überwältigt. Dabei erfolgt das Einschalten der erinnerten Sinnesinformationen innerhalb der ersten 100-200 Millisekunden nach Beginn des Erinnerns.

Dieses episodische Erinnern funktioniert offensichtlich, bevor es überhaupt zu höher geordneten Kontrollprozessen im Gehirn kommt. Dies wäre eine Erklärung für die Überflutung von Flashbacks, wie sie Menschen mit posttraumatischen Belastungsstörungen erleben.

Literatur und Quellen http://www.deutschlandradiokultur.de/das-episodische-gedaechtnis-wie-entstehen-flashbacks (16-12-07) http://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/flashback/5025 (15-03-13) (Stangl, 2022).

Verwendete Literatur
Stangl, W. (2022, 23. August). Flashback . Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
https://lexikon.stangl.eu/6856/flashback.


Persönliche Flashbacks in allen Varianten und Situationen

Meine persönlichen Flashbacks könnten ein Buch füllen. In allen nur denkbaren Lebenssituationen, meist ohne vorherige Ankündigung oder Vermutung, haben sie mich regelrecht überfallen und lahmgelegt. Auslöser waren oftmals völlig unfallfremde Situationen.

In den etwa ersten sieben Jahren nach dem Unfall waren ein regelmäßiger Auslöser für Flashbacks Geräusche jeglicher Art. Erst sehr spät habe ich erkannt, dass dies mit den Geräuschen der eingestürzten Wand zu tun hatte. Das Bersten von Holz, Metall und anderen Materialien hatte sich regelrecht in meinem Kopf eingebrannt. Das Zuschlagen einer Autotür, das Pfeifen des Windes, Säge- oder Mähgeräusche in der Nachbarschaft, Laubbläser, das Bohren beim Zahnarzt* – all diese Geräusche und noch viele andere haben Flashbacks verschiedenster Intensität und Dauer ausgelöst.

Verschiedene Auslöser – ähnliche Auswirkungen

Ebenso haben schnelle Bewegungen Flashbacks hervorgerufen. Die meisten davon wurden ausgelöst, wenn sich rechts von mir etwas schnell bewegt hat. Wenn mich ein Fahrzeug rechts überholt hat. Bereits ein vorbeifahrendes Fahrrad hat zu Flashbacks geführt.

Die Wand ist zwar auf Kopf und Rücken aufgeschlagen, das erste mal gesehen habe ich sie rechts von mir. Ein Zusammenhang, den ich ebenfalls erst viele Jahre nach dem Unfall und nach unzähligen Flashbacks erkannt habe. Auch rechts von mir habe ich die Kolleginnen gesehen, die mit panischen Gesichtsausdrücken und in hektischem Aktionismus versucht haben, sich vor der einstürzenden Wand zu schützen.

Trugbilder und Trugschlüsse

Damals war ich in dem Glauben, diese Kolleginnen wären ebenfalls von der Wand erschlagen worden und seien gestorben, zumindest jedoch schwer verletzt. Dass nur ich den Joker gezogen hatte und körperlich schwer verletzt war habe ich erst viel später erfahren.

Zu denken, Menschen um einen herum seien gestorben ist ein extrem belastendes Wissen. Immer wieder waren meine Psyche und meine (Alp)Träume auch mit meinen Kolleginnen beschäftigt. Ihre panischen Gesichtsausdrücke sind oft als völlig verzerrte Fratzen erschienen. Neben all den bereits vorhandenen Ängsten eine zusätzliche Angst.

Ähnlich diesen Masken sind mir die panischen Gesichter der Kolleginnen als verzerrte Fratzen in immer anderen Ausführungen erschienen.
Mit den Träumen kamen die Alp. Jeder Traum war gespenstisch und unklar. Spielberg, Hitchcook und Kollegen* hätten ihre wahre Freude an diesem Fundus des Grauens gehabt.

Und immer wieder sterben müssen

In unzähligen meiner Träume nach dem Unfall bin gestorben. Bis dahin hatte ich keine Vorstellung davon, auf welch unterschiedlichste Form und in welch unterschiedlichen Situationen sterben möglich ist. Eines eint die Vielzahl: Der Schreckensspur die jedes mal mit dem Wachwerden vorhanden war. Mitunter haben sich diese Träume derart real angefühlt, dass ich Minuten gebraucht habe um einzuordnen, dass ich „nur“ im Traum gestorben war. Manchmal habe ich geweint im Traum. Die Tränen waren nach dem Wachwerden noch im Gesicht und das Kopfkissen durchnässt.

Ertrinken war eine der „bevorzugten“ Art zu sterben. Meist bin ich versunken wie ein Stein.
Auch das scheinbare nach nirgendwo hingehen ohne zurück zukehren war ein häufiger Traum.
Träume von eingestürzten Wänden und Häusern haben mir ebenfalls mehr als zwölf Jahre nach dem Unfall erholtes schlafen unmöglich gemacht. Erst ganz allmählich sind meine Träume ruhiger und friedvoller geworden. Nach einer Vielzahl an (Trauma)Therapien, wie einer drei Jahre dauernden EMDR-Therapie bei Dr. Lucien Burkhardt, einem kompetenten und nachweislich gut ausgebildetem Trauma-Therapeuten.
Die Abfalltonne kann nicht groß genug sein…
Ganz allmählich, Schritt für Schritt haben die Alpträume und Flashbacks wieder einem friedvollen und auch schönem Leben Platz gemacht.

*d/w/m

Jeden Moment ist alles möglich –

im Schönen wie im Schweren

Die meisten Menschen haben in ihrem Leben schmerzhafte Momente erlebt. Dies sind Ereignisse die zu einem Leben dazu gehören und uns die schönen Momente umso mehr genießen lassen. Je älter wir werden, desto gelassener können wir mit diesen schweren Ereignissen umgehen und desto weniger ziehen sie uns den Boden unter den Füßen weg. Weiterlesen unter >> www. trauma-und-traumaheilung.info

Stellvertretend für alle schwer traumatisierten Menschen

Bild Blüten: PicsArt / Bild Kerze: OpenClipart-Vectors auf Pixabay /
Bildbearbeitung & Text: wiedergehenlernen.com – katrindohnt 2022.

Weil Leben mehr als Trauer ist

Und Lachen ein wichtiger Heilungsfaktor ist
Vor meinem Unfall 2006 war ich mit Kreativität regelrecht überladen. Es gab kaum einen Moment, in dem mir nichts seltsames eingefallen ist. Oft konnte ich Ideen nicht so schnell notieren, wie sie durch meinen Kopf gerast sind.

Davon ist nichts geblieben. Nur ganz allmählich kommen kreative Ideen. Seltsame Gedanken habe ich viele – leider sind die meisten davon nicht lustig. Ich hoffe, Dogdor Dow Jones-Index aus der Firma Kichererbseneintopf gibt noch den einen oder anderen seiner seltsamen Gedanken preis.

wiedergehenlernen.com, weil leben mehr als trauer ist und lachen ein wichtiger heilungsfaktor sein kann
Sie haben gelacht? Bitte teilen – gemeinsam Lachen ist noch gesünder. Danke.

  • PERSÖNLICHER TRAUMA-BLOG

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  • Baron B aus Bochum

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  • Wohin wird die Reise gehen?

    In den vergangen Jahren habe ich mich mit der Frage auseinander gesetzt, wie und wo ich mein (wahrscheinlich) letztes Lebenskapitel leben möchte. In meinem eigenen Haushalt stoße ich immer wieder an Grenzen. Die Wohnung ist zwar schön, doch leider nicht behindertengerecht. Dies, die Tatsache, dass ich meinen Alltag nur noch schwer bewältigen kann, sowie die…

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